Ein Reisebericht von Wolf-Helmer Schmidt aus Lutherstadt Wittenberg
„Kuschlige Winterzeit in der Toscana des Ostens“, so heißt das Angebot von Kurzurlaub.de, auf das wir beim googeln mehr zufällig stoßen. Klingt gut, was da zu lesen ist und macht direkt Lust auf Kuscheln. Da weder Angebot noch Kuscheln eine Altersbegrenzung kennen, wir als Rentner also nicht ausgeschlossen sind, überlegen wir nicht lange. Warum nicht mal wieder in Bad Sulza kuscheln, wo es uns doch von früheren Besuchen in guter Erinnerung ist? Samstag, am 12.2.2011 geht es gleich nach dem Frühstück los. Sind übrigens ein paar Grad über Null und die Sonne lässt fast Frühlingsstimmung aufkommen. Knapp 2 Stunden Fahrt sind auch keine Hürde, so dass der Check-In wie geplant 14.00 Uhr erfolgen kann. Ab da steht uns nämlich unser Zimmer im Hotel an der Therme zur Verfügung.
Top in Ordnung, dazu hell und geräumig, die Möblierung klar und zweckmäßig. Bauhausstil steht im Prospekt, was natürlich viel schöner klingt, aber doch das Gleiche ist. Übrigens im Haus 2, unser Zimmer. Haus 1 war restlos ausgebucht. Kein Wunder, denn schließlich sind ringsum Schulferien und in den Mittelgebirgen herrscht akuter Schneemangel. Apropos Haus 1 und Haus 2 - außer bei der Länge des Bademantelganges gibt es keine nennenswerten Unterschiede mehr. Die Nutzung der Bäder- und Saunenlandschaft – für beide Häuser unbegrenzt oder im Neudeutsch Flat-Rate, was den Kurzurlaub in der Toscana des Ostens noch attraktiver macht. Kein Wunder also, dass wir bereits eine Stunde nach Inbesitznahme unseres Zimmers im 36 Grad warmen Thermalwasser des Außenbeckens liegen, uns ganz langsam entschleunigen. Wirklich liegen, denn obwohl wir über keine unnötigen Schwimmringe verfügen – das Wasser trägt. Ehe sich dann aber die ersten Ansätze von Schwimmhäuten zwischen den Fingern bilden können, erheben wir uns aus dem Wasser, drehen wir noch eine Runde durch den zwar aufgeräumten aber noch recht farblosen Kurpark. Schneeglöckchen und Märzenbecher sind im Moment noch fast die einzigen Farbtupfer. Farbtupfer ist auch die Ausstellung „Kunst & Leder“ der Weimarerin Gabriele Trillhaase, die, im wunderschönen Gebäude der Touristinformation präsentiert, absolut sehenswert ist.
Wieder zurück von unserem kleinen Spaziergang kann sich unser Appetit wahrhaftig sehen lassen. Den zu stillen ist dann allerdings kein Problem. Halbpension, dass heißt 3 warme Gerichte zur Auswahl und dazu noch ein kaltes Büffet, das für jeden Geschmack etwas parat hat. Das Warme freundlich serviert, das Kalte nett arrangiert. Nicht unbedingt Gourmetküche, doch zu „meckern“ gibt es kaum etwas. Weder für den Vegetarier, noch für die Fisch oder Fleisch bevorzugenden Büffetnutzer. Nur Hungerkünstler dürften ob des Angebotes etwas überfordert sein. Und da nach dem Abendbrot noch einiges vom Tag übrig ist, wir noch trockene Badesachen in Reserve haben, gibt es keine lange Diskussion, was wir mit dem restlichen Abend noch anfangen. Außenbecken, Innenbecken, Sprudelsitze, Schwallduschen und zum Abschluss noch ein Abstecher in den Saunenbereich. Der eine Dampf-, der andere Trockensauna. Aufgefüllt wird der Wasserverlust dann wieder gemeinsam. Schön, dass es dafür die kleine Bar im Saunenbereich gibt. So
gegen 23.00 Uhr endlich wieder auf dem Zimmer, sind wir nicht nur entschlackt, sondern so platt, als hätten wir eine oder gar zwei Wanderungen hinauf zur benachbarten Sonnenburg hinter uns. Das wir gut und entspannt schlafen werden – daran gibt es für uns eigentlich keinen Zweifel. Am nächsten Morgen weckt uns fast durchgängiges Grau und leiser Nieselregen. Das kann uns aber weder den Genuss am Frühstück, noch unsere Laune verderben. Sind schließlich im Thermalbad und damit nicht so wetterabhängig, wie gemeinhin. Außerdem hat die „Kuschlige Winterzeit“ für uns am Vormittag noch eine Wohlfühlmassage auf dem Plan. Nette Physiotherapeutinnen, kräftige und doch gefühlvolle Hände. Ist schon zu empfehlen, solch eine Wellness-Knetkur. Vor allen Dingen dann, wenn man sich anschließend noch im warmen Thermalwasser entspannen kann. Wir können und nutzen es ausgiebig. Fast zwei Stunden liegen wir im warmen Wasser, nehmen an den starken Unterwasserdüsen noch einen „Massage-Nachschlag“. Verbraucht richtig Kalorien, solch eine Marathon-Massage, weshalb wir nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben, als wir uns im Liegestuhl auf der Panorama-Plattform einen richtig dicken Eisbecher genehmigen. Dafür lassen wir das Mittagessen weg, denn wir wollen ja nicht unbedingt mehr Pfunde mit nach Hause nehmen, als wir mitgebracht haben.
Nachmittag nutzen wir dann die für Thermal-Kontrastprogramme hervorragende geographische Lage von Bad Sulza. Apolda, Jena, Weimar, selbst Gotha und Erfurt fast vor der Tür. Wir entscheiden uns für Jena mit Zwischenstopp in Auerstedt an. Letzteres ein kleiner Ort mit 3 sehenswerten Museen und einer gewaltigen Vergangenheit. War wohl anno1806, als sich hier die Franzosen und die Preußen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt gegenseitig die Schädel einschlugen. Da uns der Sinn heute nicht nach Museum steht, nur ein kurzer Rundgang durch den Ort, ein Abstecher in die Kirche und weiter geht es nach Jena. Die Sonne scheint zwar immer noch nicht, aber der Nieselregen gehört schon eine ganze Weile der Vergangenheit an, als wir fast mitten im Zentrum parken. Hat eine wirklich schöne Altstadt, das optisch vom Intershop Tower dominierte Jena. Doch nicht nur die, sondern noch so manches andere Sehenswerte. Der Botanische Garten gehört dazu und das Planetarium auch. Beiden wollen wir noch einen Besuch abstatten. Allerdings erst nach einem Besuch in der uns wohlbekannten Kaffee-Rösterei vis-a-vis vom Heimatmuseum. Nicht nur, dass es hier herrlich nach frisch geröstetem Kaffee duftet, auch die ganze Atmosphäre ist stimmig. Der Kaffee schmeckt so gut, wie er duftet und auch der Kuchen ist lecker. Gut gestärkt sind wir jetzt bereit für den Botanischen Garten, der gar nicht so weit entfernt ist. Den haben wir dann fast für uns allein, können so den „kleinen Urwald“ mit den wunderschönen Farbtupfern der Orchideenblüten in aller Ruhe genießen. .
Anschließend müssen wir uns fast schon beeilen, um pünktlich zum Planetarium zu kommen. Glücklicherweise liegt der kaum zu übersehende Kuppelbau gleich um die Ecke. Im Halbrund die leicht nach hinten geneigten Sessel und über uns die Kuppel des Planetariums. 23 m im Durchmesser und 13 m hoch wölbt sie sich, wird, als die Sonne unter- und der Mond aufgeht, zu einem Nachthimmel, wie wir ihn bisher nur in den Dolomiten gesehen haben. Wahrhaft kosmische Dimensionen öffnen sich uns. Eindrucksvolle Bilder und Animationen in 2D und 3D, Vergleiche mit irdischen Erfahrungswerten versetzen in Staunen. Nachvollziehbar und verständlich ist das, was wir zu sehen und zu hören bekommen - nur begreifen kann man da alles nicht, was sich da seit dem Urknall aus der Ursuppe entwickelt hat. Die Zeit vom Urknall bis heute auf einen Tag reduziert – die Menschwerdung beginnt erst 0.03 Sekunden vor Mitternacht. Wer soll das begreifen? Wir jedenfalls nicht, denn aus jeder Antwort auf eine Frage entsteht sofort eine neueWieder in Sulza lassen wir uns ganz irdisch ein schmackhaftes Abendbrot schmecken, würzen schlicht und einfach mit Salz und nicht mit Sternenstaub, brauchen keine Lichtjahre, sondern nur eine gute Stunde, ehe wir satt und zufriedengestellt sind. Das Thema Weltall haken wir danach erst einmal ab, ersetzen es ganz einfach durch Thermalwasser. Die Unterwassermelodien im Klangtempel erinnern zwar noch ein wenig an sphärische Klänge, aber die sind herrlich beruhigend und werfen keine weiteren Fragen auf. Als dann in der Therme Feierabend ist, machen auch wir Feierabend und schlappen mit quatschenden Badelatschen den Bademantelgang in Richtung unseres Bettchens. Schön, dass wir jetzt nicht noch nach Hause fahren müssen, dass wir uns mit dieser Frage erst morgen, nach dem Frühstück befassen müssen. Hat nun einmal nur 2 Nächte, solch ein Kurzurlaub in der „Kuschligen Winterzeit“ von Bad Sulza, aber lohnend und empfehlenswert war er allemal und dazu sogar wiederholbar. Also dann – Tschüss Östliche Toscana, bis zur nächsten nächsten Kuschelzeit- die ja nicht zwingend im Winter sein muss.